Lesung – mit Gabriele Palm-Funke zusammen mit der Stadtbibliothek Ribnitz

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Lesung mit der Schriftstellerin Gabriele Palm-Funke am 6.10.24 um 14 Uhr im Kunsthaus Lisa, Pappelweg 22, 18337 Neu Guthendorf. Die Lesung wird in Kooperation mit der Stadtbibliothek Ribnitz-Damgarten durchgeführt, sie ist bei uns auch Teil der Veranstaltungen zu KUNST HEUTE, umrahmt von einer Ausstellungseröffnung am 28.9. um 14 Uhr, eines Jazz-Konzerts am 28.9.24 um 17 Uhr und eines Workshops „Flechten“ am 5.10.24 um 11 Uhr, alle diese Veranstaltungen im Kunsthaus Lisa im finden im Rahmen von KUNST HEUTE statt, einer landesweiten Veranstaltungsreihe von Kunsthäusern in MV.

Das Kunsthaus Lisa in Neu-Guthendorf vergibt jährlich im Wechsel den Frauen-Kunst-Preis und den Frauen-Literatur-Preis, die Schriftstellerin Gabriele Palm-Funke hat bei uns 2022 den Frauen-Literatur-Preis gewonnen. An den Texten von Gabriele Palm-Funke gefiel der Jury ganz besonders die enge Verbindung zwischen persönlicher und gesellschaftlicher Geschichte. Nun haben wir sie, anlässlich ihrer Residenz in unserem Kunsthaus, Hier ein kurzer literarischer Ausschnitt:

….Keine sechs Monate nach dem Mauerfall fuhren wir in Juris gebrauchtem VW nach Kotzemeuschel. Nein, Mutter, Juri und ich fuhren nach Chociemyśl, Vater fuhr nach Kutzemeuschel. Ich bin in Kutzemeuschel geboren und nicht in Chociemyśl, betonte Vater, bevor er in ein Wurstbrot biss, das Mutter für die Reise geschmiert hatte. Mutter zischte ihn an, du hast doch gerade erst gefrühstückt, lass das Brot liegen, das ist für später. Ausserdem habe Hitler aus Kotzemeuschel Dammfeld gemacht, auch wenn es Hitler gewesen sei, Dammfeld höre sich einfach besser an. Man sagt auch nicht Kotzemeuschel, belehrte Vater sie wütend, man sagt Kutzemeuschel, wir haben unser Dorf immer Kutzemeuschel genannt, das ist niederschlesisch, doch davon verstehst du nichts. Mir ist warm, jammerte Mutter und kurbelte die Scheibe neben ihrem Sitz runter. Wie lange brauchen wir bis dorthin?, wollte sie wissen. Drei, vier Stunden, antwortete Vater, und wenn wir länger brauchen, ist es auch egal, wir sind ja nicht auf der Flucht. Sag doch nicht so was!, schimpfte Mutter. Wir sind ja nicht geflohen, wir wurden vertrieben, fuhr Vater sie an. Vater wollte noch etwas sagen, vielleicht, dass Mutters Familie vor den Russen geflohen war und Nazis auch gute Gründe hatten zu fliehen, aber er verschluckte sich an einem Brotkrümel und fing an zu husten…